ETEP – Informationen und Umsetzung

Was ist ETEP?

Im Gegensatz zu üblichen Denkweisen wendet sich ETEP ab vom Defizitansatz (das Kind kann nicht; der Jugendliche macht Folgendes falsch…) und setzt einen Entfaltungsansatz dagegen, bei dem die Stärken und Potenziale des Kindes/Jugendliche im Mittelpunkt stehen.

Grundlage der Arbeit ist eine Verhaltensdiagnostik mithilfe eines Bogens (ELDiB), auf dem das aktuelle sozial-emotionale Fähigkeitsprofil von Kindern und Jugendlichen eingetragen wird sowie die Förderziele für die nächsten Wochen bestimmt werden. Dieser Bogen ist auch die Basis für die Evaluation, d.h. die Überprüfung der Effizienz.

Die Arbeit an den Förderzielen erfolgt zum einen im Unterricht selbst. Die Unterrichtsaktivitäten und -materialien werden so strukturiert, dass – neben der Schulleistung – auch die Verhaltens-Kompetenzen systematisch aufgebaut werden. Zum anderen ist selbstverständlich der systematische Fähigkeitsaufbau nicht nur im Unterricht möglich, sondern auch in allen Situationen, in denen Lernprozesse strukturiert werden.

Ein ganzer Katalog von Interventionsstrategien stellt den Pädagog/innen einen Handlungsrahmen bereit, mittels dessen sie auf die Förderbedürfnisse dieser Kinder und Jugendlichen gezielt eingehen können und deren Kompetenzen festigen können.

Für die Förderung einzelner Kinder/Jugendlichen ist es natürlich wesentlich zu wissen, wie deren Erfahrungen und Problemkonstellationen sich gestaltet haben. Die gemeinsame Beratung der beteiligten Pädagog/innen zum Thema „Entschlüsseln von Verhalten“ ist daher zwangsläufig Teil der Arbeit. Bei dieser Fallberatung werden fünf Aspekte in den Blick genommen: Entwicklungsängste, Abwehrmechanismen, Form der sozialen Einflussnahme, private Realität, existenzielle Krise.

Mit Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik arbeiten bedeutet, einen Bogen zu schlagen von der Diagnostik über das Erarbeiten der Ziele in strukturierten Lernprozessen, dem systematischen Einsatz der Interventionsstrategien bis hin zum Betrachten der Hintergründe von Verhalten. Nur einzelne Teile dieses Programms einzusetzen, verspricht keinen Erfolg.

Weitere Informationen zum ETEP-Konzept finden Sie auch auf der Homepage des Instituts für Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik e.V.:   www.etep.org

Umsetzung des ETEP-Programms an der Paul-Klee-Schule Celle

ETEP bietet die Möglichkeit

  • das Fähigkeitsprofil von Schülerinnen und Schülern (SuS) in den Bereichen Verhalten, Kommunikation, Sozialisation und Kognition zu beobachten und diagnostisch mit dem ELDiB zu ermitteln

  • individuelle Förderziele zu definieren

  • Fördermaßnahmen zu planen

  • Verhaltensfortschritte zu unterstützen und

  • Fortschritte zu messen.

Seit 2016 haben sich KollegInnen unserer Schule in dieses Förderprogramm eingearbeitet und sich in mehreren Projekten beim Institut für Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik e.V. (ETEP Europe) weiterqualifiziert. Zum Schuljahrsende 2018/2019 haben sich 30 KollegInnen in ETEP zertifizieren lassen, zwei davon haben die Weiterbildung zum Regionaltrainer erfolgreich absolviert und bilden aktuell in einem weiteren Projekt 15 KollegInnen aus.

ETEP-Anteile im Unterricht

Seit 2016 wird an der Paul-Klee-Schule Celle der entwicklungspädagogische Ansatz zunehmend in den Klassenunterricht einbezogen.

Wir schauen bei den SuS genau, auf welchem Entwicklungsstand sie sich momentan befinden und formulieren individuelle Förderziele, die für die SuS sichtbar als Text und/ oder Bild auf dem Tisch kleben, oder für Klassen als Klassenziele visualisiert werden (Trainingsaufgaben).

Zudem sorgen wir mit einem speziell auf die Förderziele/Trainingsaufgaben abgestimmten Unterricht dafür, dass die SuS die Ziele erreichen können und somit Erfolg erleben. Es werden Unterrichtsthemen ausgewählt, die den SuS Identifikationsmöglichkeiten bieten und ihre sozial-emotionalen Anliegen treffen.

Da es vielen unserer SuS an innerer Sicherheit und Struktur fehlt, ist die äußere Strukturierung ein entscheidendes Gestaltungselement des Unterrichts, um den SuS Sicherheit zu bieten. Die SuS wissen vorher, was auf sie zukommt, was erwartet wird und können sich darauf einstellen. Dies bietet die notwendige Sicherheit, die ihnen häufig fehlt. Äußere Struktur führt zu innerem Halt.

4 Leitgedanken prägen den Unterricht (Eckpfeiler des ETEP–Programms):

Den Blick auf die Stärken richten!

Der Entwicklungslogik folgen!

Freude und Erfolg gewährleisten!

Für bedeutsame Erfahrungen sorgen!

EPU – Der „Entwicklungspädagogische Unterricht“

Einige Klassen der Paul-Klee-Schule Celle bieten zudem 3 x pro Woche einen speziellen Entwicklungspädagogischen Unterricht (EPU) an:

Diesen jeweils 90-Minütigen Unterricht gestalten zwei zertifizierte ETEP-KollegInnen. Eine Lehrkraft sorgt für die Umsetzung der geplanten Unterrichtsinhalte und die andere übernimmt die Assistenz. Das heißt, sie beobachtet die SuS genau und wendet verschiedene Interventionsstrategien (Handwerkskoffer) an

(www.etep.org/programm/verhaltenssteuerung/intervention.html).

Der EPU verfolgt individuelle Ziele und Klassenziele, die mit dem ELDiB-Bogen (Entwicklungspädagogischer Lernziel-Diagnose-Bogen) ermittelt wurden und stellt diese in den Vordergrund des Unterrichtes. Mögliche Ziele/Trainingsaufgaben sind z.B.:

  • Ich melde mich, wenn ich etwas sagen möchte.“

  • „Ich höre leise der Geschichte zu.“

  • „Ich beende meine Arbeit sorgfältig.“

  • „Ich arbeite an meinem Arbeitsplatz.“

  • „Ich teile meine Bastelmaterialien.“

  • „Ich bleibe ruhig und gelassen, wenn andere mich ärgern.“

  • „Ich räume meine Arbeitsmaterialien vom Tisch.“

So könnte eine EPU-Stunde aussehen:

Den Kindern wird zu Beginn der zwei Schulstunden (90 Minuten) der geplante Ablauf anhand eines Verlaufsplans verdeutlicht. Die zu trainierenden Ziele (Einzel- wie auch Klassenziele) werden benannt und damit in den Fokus gerückt. Es  wird eine Geschichte vorgelesen. Schon hier können die Kinder ihre individuellen Ziele trainieren (z.B. Trainingsaufgaben „Ich melde mich, wenn ich etwas sagen möchte“; „Ich höre leise der Geschichte zu“).

Danach folgt eine Arbeitsphase in Deutsch, immer passend auf die Geschichte abgestimmt. Jeder erhält eine Aufgabe, die dem Leistungsniveau des Schülers angepasst ist. Zu hohe Anforderungen sind zu vermeiden, da mit diesen Übungen Erfolg garantiert werden soll und vorrangig die Ziele der Kinder trainiert werden (z.B.- die Trainingsaufgabe „Ich arbeite an meinem Platz“; „Ich melde mich, wenn ich etwas sagen möchte“).

Die Bewegungsphase beinhaltet ein Spiel, wobei ein Teil des Inhaltes der Geschichte aufgegriffen wird (Chance für die Arbeit an der Trainingsaufgabe „Ich bleibe ruhig und gelassen…“).

Anschließend folgt eine Kreativphase. Hier werden Aspekte der Geschichte in künstlerischer Form wiedergegeben. Mit Buntstiften, Pinsel, Schere und Kleber werden Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeiten hergestellt. Hier können die Kinder auch ihre sozialen Ziele, z.B. die Fähigkeiten zur erfolgreichen Gruppenteilnahme mit Mitschülern, trainieren und weiterentwickeln (z.B. Trainingsaufgabe „Ich teile meine Bastelmaterialien“).

Die letzte Arbeitsphase erfolgt im Bereich Rechnen.

Zum Abschluss findet ein Feedbackgespräch über die Ziele der Kinder statt (Kognitive Rückschau). Hier wird mit den SuS kurz und prägnant eine konkrete Situation benannt, in der eine der Trainingsaufgaben besonders gut /am besten umgesetzt wurde. So wird eine positive Selbstwahrnehmung (emotionales Gedächtnis) entwickelt.

Wenn die Klasse die gemeinsam ausgewählten Trainingsaufgaben nach einigen Wochen erreicht hat, werden der Entwicklungslogik im ELDiB-Bogen folgend höhere Individual- oder Klassenziele aufgestellt und in den folgenden Wochen an deren Umsetzung gearbeitet. In einer „Stolz-Ecke“ können erfolgreich trainierte Aufgaben ausgehängt werden, Verhaltensfortschritte werden so für die SuS sichtbar gemacht und bieten die Möglichkeit, darauf Bezug zu nehmen. Kern der pädagogischen Arbeit ist der systematische Einsatz der präventiven Interventionsstrategien, die im Rahmen der Weiterqualifizierungen und Praxisbegleitungen von den zertifizierten KollegInnen selbst intensiv „trainiert“ wurden.

© Institut für Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik e.V. (ETEP Europe) Düsseldorf, 2001
© Texte, Grafiken und Tabellen adaptiert aus: M.M. Wood et al. (1996): Developmental Therapy – Developmental Teaching. Pro-Ed: Austin, TX